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Criado-Kinder werden ausgebeutet, misshandelt und totgeschlagen

aktiv gegen kinderarbeit |  Bild:  © earthlink e.v.

aktiv gegen kinderarbeit | Bild: © earthlink e.v.

Tina Alvarenga wurde im Alter von zehn Jahren als einzige von sieben Geschwistern an ein wohlhabendes brasilianisches Paar weitergereicht, um dort als Haushälterin zu arbeiten. Ihre Kindheit wurde damals gegen Erniedrigung und Gewalt eingetauscht.  Acht Jahre lang musste sie jeden Morgen um fünf Uhr aufstehen und für den 50-jährigen Major und seiner französischen Frau Frühstück machen. Abends putzte sie das Haus, bereitete das Abendessen vor und stand anschließend neben dem Esstisch, um das Paar zu bedienen. Dabei hatte Alvarenga Glück, dass sie nur mit einem Gürtel geschlagen und nicht sexuell missbraucht wurde. Bis heute hat die Aktivistin für Kinderrechte nie eine Antwort darauf erhalten, warum ihre Eltern sie damals weggegeben haben. Vermutlich sind sie wie viele andere Familien in Paraguay einer Konvention aus der Zeit des Kolonialismus gefolgt, die auch “Criadazgo” genannt wird. Hierbei geben verarmte Familien in ländlichen Regionen ihre Kinder zu wohlhabenden städtischen Familien, um sie informell zu adoptieren und ihnen auf diese Art ein besseres Leben ermöglichen zu können. Auch Peru und Haiti gebrauchen diese Praxis noch  –  wenngleich in geringerem Umfang.  1)

Im Januar  erregte vor allem die Tragödie von Carolina Marín die Öffentlichkeit. Marín wurde als „Criado“ von ihrem Hausherrn zu Tode geschlagen. In einer parlamentarischen Debatte soll nun ein Gesetzesvorhaben auf den Weg gebracht werden mit dem Ziel, den Usus zu verbieten. Es wurde eigens eine Kommission ins Leben gerufen, die aus Mitgliedern der Legislative, Exekutive, Judikative und mehrerer Hilfsorganisationen besteht. 2)

Einige Gesetzgeber bestehen jedoch darauf, den Wortlaut zu spezifizieren. Bernado Villalbam, ein Abgeordneter der Colorado Partei behauptet, Criadazgo sei ein nationaler Brauch und werde noch über Generationen hinweg praktiziert, wenn die Armut nicht bezwungen werde. „Bis dahin können wir nicht die Türen für Kinder verschließen, die auf eine Chance für ein besseres Leben hoffen“, meint Villalbam. Diese Aussage kann Bernardo Puente, ein Anwalt, der 15 Jahre damit verbracht hat, Kinderrechte in Paraguay zu verteidigen, nicht bestätigen. Nach ihm müssen Armut und Perspektivlosigkeit dort angegriffen werden, wo sie entstehen. Er weist darauf hin, dass kein Kind von zu Hause weggeschickt werden möchte, um als Criado einer neuen Familie anzugehören. Weiterhin seien 90 Prozent der sexuellen Missbrauchsfälle in Paraguay auf den Brauch zurückzuführen. 1)

Derweil steht für die heute 52-jährige Alvarenga fest, dass  der paraguayische Brauch verboten werden muss. Sie hofft, dass das neue Gesetz nicht nur offensichtliche Fälle von Kindersklaverei bestraft, sondern auch zukünftige Generationen vor der unbarmherzigen Aussetzung und damit oft verbundenen häuslichen Gewalt bewahrt. 1)

Getrennt von ihren Familien werden weltweit Millionen Kinder wie Sklaven gehalten. Sie  müssen in fremden Haushalten putzen, bügeln, kochen, gärtnern, Wasser holen oder sich um Pflegebedürftige kümmern. Weil sie von ihren Familien und der Öffentlichkeit getrennt sind, werden sie oftmals auch Opfer sexueller Gewalt. 10,5 Millionen Kinder müssen nach Schätzung der ILO weltweit als Hausangestellte arbeiten. Besonders davon betroffen ist auch Paraguay, wo jedes vierte Kind zwischen 5 und 17 Jahren arbeitet. Die Zahl der Hausangestellten liegt nach Angaben der zuständigen lokalen Behörde bei 47.000 Minderjährigen.  3)

Fußnoten (Hinweise, Quellen, Links)

  1. washingtonpost.com: Rich Paraguayans can adopt children as domestic help. But that might change. – Artikel vom  12. Juni 2016
  2. wochenblatt.cc: Kinder als Hausangestellte – Artikel vom 18. Juni 2016
  3. sueddeutsche.de: Millionen Kinder werden als Hausangestellte ausgebeutet – Artikel vom 12. Juni 2013



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